Robert Redford - ein unabhängiger Geist
Regie   Herbert Krill
Kamera Roland Breitschuh, Hans Jakobi
Schnitt   Niko Remus
Länge   72 Minuten
Format Digi-Beta
Sendung 2003, ARTE
Synopsis
Robert Redford,
geboren am 18. August 1937 in Santa Monica, Kalifornien, gehört seit gut vier Jahrzehnten zu den beliebtesten und profiliertesten Stars der Traumfabrik Hollywood. Filme wie “Inside Daisy Clover” (1966), “Barefoot in the Park”, “Butch Cassidy and the Sundance Kid” (1969), “The Way We Were” (1973) und “All the President’s Men” (1976) katapultierten ihn in die erste Riege der Hollywoodstars. Sein gutes Aussehen, seine Intelligenz und sein Charisma verschafften ihm weltweit einen Status, wie ihn nur wenige Schauspieler erreichen.
Aber - und das macht Redford besonders - er hat sich nie damit begnügt, ein “schöner Mann” zu sein. Schon bald wollte er nicht mehr nur vor der Kamera stehen, und gleich mit seinem zutiefst berührenden Regiedebüt “Ordinary People” (1980) gewann er den Oscar als bester Regisseur, immerhin gegen Konkurrenten wie Martin Scorsese, David Lynch, Richard Rush und Roman Polanski. Auch die Oscars für den besten Film und das beste Drehbuch gingen an “Ordinary People”. In der Folge inszeniert Redford fünf weitere Filme, unter denen “A River Runs Through It” (1992) und die ambitionierte “Quiz Show” (1994) herausragen.
Aber damit nicht genug: Redford engagiert sich schon früh und sehr intensiv für die Natur, die Umwelt, das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie gegen soziale Ungerechtigkeit und verleiht den Anliegen der amerikanischen Ureinwohner seine prominente Stimme. Sein Engagement erschöpft sich nicht in Lippenbekenntnissen. In den Bergen seiner Wahlheimat, dem US-Bundesstaat Utah, gründet er Anfang der 80er Jahre das Sundance Institute, das mittlerweile zum Synonym für unabhängiges Kino geworden ist. Das Sundance Festival lockt alljährlich tausende Besucher an, aber auch Produzenten und Agenten aus Hollywood, die sich auf die Suche nach neuen Talenten machen. Heute bekannte Filmemacher wie Steven Soderbergh, Quentin Tarantino, Paul Thomas Anderson, Wes Anderson oder James Mangold begannen ihre Karrieren mit Filmen, die in Sundance gezeigt wurden. Sundance bietet darüber hinaus in sogenannten “Labs” jungen Komponisten, Theaterleuten und vor allem Filmemachern die Möglichkeit, in intensiven Workshops mit Hilfe prominenter Berater ihre Projekte zu studieren, zu probieren und weiterzuentwickeln. Redford kümmert sich aber auch darum, “Sundance-Filme” ins Kino zu bringen bzw. ihnen via Video und DVD eine breitere Öffentlichkeit zu verschaffen. Der Sundance-Kabelkanal, der Redford zu einem Drittel gehört, ist ebenfalls dem unabhängigen Filmschaffen verpflichtet.

Herbert Krill, der Robert Redford zweimal - 1981 und 1993 – interviewen konnte, begibt sich in seiner Dokumentation auf die Spur dieses Mannes, der heute sehr zurückgezogen hauptsächlich im Napa Valley bei San Francisco lebt und keine Interviews über sich selbst gibt.
So reist Krill zu den wichtigsten Schauplätzen von Redfords Aktivitäten: die amerikanische Ostküste, Kalifornien, Montana und Utah. Er besucht die Schauplätze der Dreharbeiten zu “A River Runs Through It” und “The Horse Whisperer” in den Weiten von Montana, spricht mit Leuten, die dort unmittelbar mit Redford zu tun hatten und bis heute von der Herzlichkeit und Großzügigkeit des Stars schwärmen: Keith und Marie Engle, deren Ranch in “The Horse Whisperer” eine zentrale Rolle spielt; Dennis Aig, der das “Making of” zu “A River Runs Through It” drehte; William “Gatz” Hjortsberg, der das erste Drehbuch zum Film schrieb; Suzanne Schneider, Besitzerin der Sport Bar in Livingston, wo Redford oft einkehrte; und Pat Miller, Lokalhistorikerin.
In Utah begegnet er Ted Wilson, dem ehemaligen Bürgermeister von Salt Lake City, und dem grafischen Designer McRay Magleby, der seit vielen Jahren für das Sundance Institute arbeitet. Er spricht mit Nicole Guillemet, die mehrere Jahre Kodirektorin des Sundance Film Festivals war; mit Gyula Gazdag, dem Leiter des “Film Lab” in Sundance; und mit Douglas Mankoff, dem Produzenten von “Levity”, mit dem 2003 das Festival eröffnet wurde. Dazu kommen mit Allison Anders und der türkischen Regisseurin Yesim Ustaoglu zwei erfolgreiche Absolventinnen der Sundance Labs, sowie die Filmemacher Randy Redroad und Sonny Skyhawk, die über Redfords Engagement für die Native Americans sprechen.
Krill führt Gespräche mit dem britisch-amerikanischen Filmjournalisten David Thomson; dem Biografen James Spada, der 1977 ein Buch über Redford geschrieben hatte; und Daniel Kothenschulte, der das einzige Buch über Redford als Regisseur verfaßt hat. Schließlich kommen auch Vertreter von gemeinnützigen Vereinigungen zu Wort, die von Redford aktiv unterstützt werden, wie die Indianer-Hilfsorganisation “Red Feather” und die Umweltschützer vom “National Resources Defense Council”; und nicht zuletzt Joan Claybrook von “Public Citizen”, die einst Redford in die “Kunst des Lobbying” einführte.
Aus diesem reichhaltigen Material entsteht eine eher ungewöhnliche Stardokumentation: das vielschichtige Porträt eines Mannes, der unbeirrbar sein großes Talent, seine Tatkraft und sein Beziehungsgeflecht einsetzt, um diejenigen Dinge voranzutreiben, um die es ihm letztlich geht.

Pressekritiken Die Marke Redford

Er war so wunderschön in seiner Jugend, sagen selbst die Filmhistoriker, und da ist ein ungewohntes Leuchten in ihren Augen, wenn sie von seiner Karriere erzählen, wenn sie die Bücher durchblättern, die sie über ihn geschrieben haben. Robert Redford, das ist ein Markenzeichen, ein starker amerikanischer Archetyp, einer jener Filmstars, in denen das Physische und das Intellektuelle auf magische Art und Weise zusammenwirken.

Ein unabhängiger Geist hat Herbert Krill sein Portrait Redfords genannt. Der Geist selbst verflüchtigt sich allerdings schnell im Verlauf des Films. Robert Redford hat dem Team hartnäckig die Kooperation verweigert. Kein Gespräch, man muss sich mit Ausschnitten begnügen aus früheren Interviews – besonders schön hierbei eine Szene aus den Achtzigern, nach seiner ersten Regiearbeit, Ordinary People, wo man ihm – ganz eifrig und wuschelig – die Begeisterung ansieht, in Freiheit seine Filme machen zu können. Als Schauspieler hat er erklärt, bist du immer dem Regisseur oder dem Cutter ausgeliefert, du kontrollierst nur einen kleinen Teil. Eine sehr intelligente und sehr leidenschaftliche Art, Regie zu führen, sagt einer, der ihn bei der Arbeit beobachtete – Redford betreibt ein knallhartes Business gewissermaßen als Zen-Meditation.

Das Freiheitsgefühl hat er schon in seiner Jugend verspürt, da ist er losgezogen um Kunst zu studieren, im alten Europa, in Paris und München. Immer wieder zieht es ihn später in die Natur zum Skifahren, Wandern, Campen, und einmal hat er zwei Jahre Auszeit vom Filmemachen genommen, um ein Solarhaus zu bauen.

So geht auch der Film nach draußen, nach Montana, wo Redford Aus der Mitte entspringt ein Fluss und Der Pferdeflüsterer drehte, und nach Utah, wo er das legendäre Sundance Filmfestival eingerichtet hat, das für die Präsentation, die Produktion und dem Verleih der unabhängigen Filme in den USA sorgt – Leute wie Soderbergh und Tarantino haben ihre ersten Filme hier gezeigt. Auch Sundance ist inzwischen zum Markenzeichen geworden, und der Abstand zu Hollywood und seinem gefräßigen Studiosystem ist gefährlich geschrumpft. Auch Sundance ist nun ein Tummelplatz der Industrie, montiert der Filmhistoriker David Thomson, und die Handys schrillen dort wie in den Vorführungen in Los Angeles. „Reines Business, und es sieht aus, als hätte Redford das nicht verhindern können.“ Da sehnt man sich natürlich nach den Zeiten zurück, als der junge Redford in den Armen von Natalie Wood oder Jane Fonda liegen durfte.

FRITZ GÖTTLER
Süddeutsche Zeitung Nr. 293 

zurück zur Katalogübersicht