Playboy Germany
Regie   Axel Engstfeld
Kamera Bernd Mosblech
Ton Michal Loeken
Schnitt   Jean-Marc Lesguillons
Länge   42:30 Minuten
Format Format: 16mm/color
Sendung   1985 Radio Bremen "Unter Deutschen Dächern"
Synopsis
Der Film führt hinter die Kulissen des deutschen Ablegers des berühmten Männermagazins "Playboy". 14 Tage lang beobachtet er die Herstellung des neuen Hefts, zeigt den Fotografen John Copeland bei den Aufnahmen der Playgirls des Monats, den Artdirektor bei der Begutachtung der Fotos, die Redakteure bei der Arbeit am Heft.– Was ist der Typ des deutschen Mannes, diese Frage stellt sich die Redakteurin jeden Monat neu, denn sie muß entscheiden, welche Mädchen eine Chance bekommen und welche nicht. Chefredakteur und Werbechef nehmen da kein Blatt vor den Mund, denn sie erschaffen jeden Monat neu die "Playboy Männerwelt". Die Reportage begleitet auch einen Kopfjäger nachts auf Streifzug durch München. Er ist ein professioneller Aufreißer, verspricht Mädchen das Blaue vom Himmel, damit sie sich bei einem Casting im Studio einfinden.

Pressekritiken Profi bei Profis
epd Nr. 5 v. 24.1.87


"Playboy Germany. Beobachtungen bei einem deutschen Herrenmagazin", von Axel Engstfeld (ARD/RB, 18.1.)

"Die ist doch ganz hübsch”, murmelt Filmemacher Engstfeld im Hintergrund. Er betrachtet zusammen mit Frau Lutze-Ebbinghaus eine Reihe von Aktfotos, die der "Playboy"-Redaktion unaufgefordert zugesandt wurden. Täglich muß Frau Lutze-Ebbinghaus, zuständig für die Vorauswahl, drei bis vier bebilderte Bewerbungsschreiben begutachten. Sie sucht den "girl next door"-Typ. Doch die Figuren der Mädchen, die so gerne einmal nackt und hochglänzend in der Häschen-Zeitschrift sein würden, können die gestrenge Jurorin zumeist nicht begeistern. Die erste hat zuwenig Busen, die zweite zu dicke Oberschenkel, die dritte ist insgesamt zu dünn. "Es bewerben sich vor allem Arzthelferinnen, Friseusen, OP-Schwestern und Sekretärinnen", meint Lutze-Ebbinghaus, und der abfällige Klang in ihrer ohnehin trockenen Intonation ist kaum zu überhören. It's a hard, hard business. Besonders für einen der "Jäger", den die Filmkamera auf einer Tour durch Münchner Discotheken begleitet. Der Jäger bekommt 500 Mark für jedes potentielle Playmate, das er dem zuständigen Fotografen vermitteln kann. "Du, es ist vielleicht blöde, wenn ich dich hier so platt anquatsche, aber wir vom Playboy..." - ewig die gleiche Masche.

Das Feature über den dienstältesten bundesdeutschen Herrenmagazin-Ableger wird immer dann interessant, wenn Engstfeld einzelne Redakteure und Mitarbeiter des Blattes charakterisiert, szenisch gelungene Einblicke in den Routinebetrieb dieser "Lifestyle"-Bude gibt. Ansonsten bewegt sich der Fernsehautor durchaus auf der Ebene des zwar distanzierten, aber doch augenzwinkernden Einverständnisses mit den "Playboy"-Machern. Die Dauerkritik an der massenhaften Aufbereitung von tits & asses hat sich ohnehin verbraucht, dachte er sich wohl, außerdem muß er ja keine feministischen Positionen verfechten. lm Endergebnis beobachtet ein Profi andere Profis bei deren ganz normaler Arbeit.

Chefredakteur Fred Baumgärtel, 59, einst bei AP, Bild und Quick tätig, macht einen ausgebufft-müden Eindruck, flüchtet sich gemeinsam mit seinem Anzeigenchef in ausgeleierte Sprüche: "Der "Playboy” soll vier Wochen lang dein Kumpel sein", "Heute ist die Frau so emanzipiert, daß sie sich den "Playboy” vom eigenen Taschengeld kaufen kann", haha. Fotograf John Copeland hat sein Handwerk gelernt, als er Gl in Vietnam war, gelassen dirigiert er heute die Mädchen in probate Posen ("bißchen mehr Beine breit"). Copeland würde seine Motive lieber "geil" präsentieren, doch der deutsche "Playboy" verfolgt eine andere Strategie. Auch das hat Engstfeld sauber herausgearbeitet - mahnend steht Baumgärtel und Co. der Niedergang des US-Prototyps vor Augen, zudem hat sich die Konkurrenz in heimischen Gefilden massiv verschärft.

So sucht Klaus Rainer Röhl, Ex-Ehemann Ulrike Meinhofs, mit "New York" dem Bunny-Blatt Käufer abspenstig zu machen, und auch den härteren "Hustler" gibt's mittlerweile in einer deutschen Ausgabe. Der Bauer-Verlag, in dem der Münchner "Playboy" erscheint, will mit der Bewahrung des angestammten Konzepts das Terrain sichern (Druckauflage: 450 000). Hübsch und adrett sollen die Playmates sein, keine fernen oder aggressiven Wesen, erreichbar also für die Gedankenspiele des männlichen Durchschnittslesers. Und um ja nicht in die Nähe zur Pornographie gerückt zu werden, läßt der Art Director schon mal den Schamhaarbereich der Modelle per Retusche nachdunkeln. Engstfeld interviewt noch eines der Cover-Mädchen - auch sie nimmt die Sache eher geschäftsmäßig - und führt in der Schlußeinstellung eine alte Putzfrau vor, die im Fotostudio staubsaugt.

Naja, über solche Versuche kontrastierender Symbolik kann man sich streiten. Der Film jedenfalls belegte in seiner nüchternen, entlarvenden Bildsprache einmal mehr das hohe Niveau der Fernsehreihe "Unter deutschen Dächern". Lutz Hachmeister




Die Zeit 23.1.87

Popos Reich

ARD, Sonntag 18.Januar "Unter deutschen Dächern: Playboy Germany", ein Film von Axel Engstfeld

Seit 15 Jahren versäume ich, Nummer für Nummer, das Playboy-Magazin. 450 000 deutsche Männer entscheiden sich auch in diesem Monat anders. Das ist eine nackte Tatsache, über die sich besonders Herr Baumgärtel freut. Er ist der Chefredakteur.
Aber während das Magazin sich gerne international gibt, wirkt Herr Baumgärtel in Axel Engstfelds Film über den "Playboy Germany" fast bäuerlich, grob statt elegant. Früher war er bei Bild und Quick und könnte genauso gut Landrat von Erding gewesen sein. Das mag sich auch Axel Engstfeld gedacht haben, als er den Playboy-Macher auf seiner Fahrt in den Münchner Bauer-Verlag begleitete. Der Wagen des Chefs im Straßenverkehr: vor sich Nummernschilder mit "M", neben ihm ein Lastwagen der Paulaner Brauerei, die mit einer weißblauen Landschaft wirbt. Das also ist die Heimat des Playboy?"

Später, wenn der Fahrstuhl in der Chefetage hält, erschlägt uns, gerahmt und hinter Glas, ein Busen, den ein Bikini-Oberteil im Muster der USA-Flagge nur noch mit großer Mühe hält. Hier oben spekuliert man über "tits and asses, asses and tits": Herr Baumgärtel im Reiche Popo, wo Busen ein Synonym für Lebensfreude ist.
Beim amerikanischen Playboy, der gerade eine Baisse erlebt, seien die Posen der Damen wesentlich schärfer. Der amerikanische Hausphotograph schwelgt in Erinnerungen. Auf der aufklappbaren Seite des deutschen Playboy aber triumphiert "the girl next door". Vor ihr sollen auch Gehemmte und Verklemmte nicht erschrecken. Eine von Baumgärtels Mitarbeiterinnen wühlt in ihrem Photobordell. Arzthelferinnen, OP-Schwestern, Friseusen und Sekretärinnen füllen es. Gesucht ist der "natürliche, frische Typ". Die Proportionen sollen stimmen, auf den Busen kommt es an. Vor allem soll das Playboy-Mädchen lächeln können. "Warum?" fragt Axel Engstfeld.

Engstfelds Playboy ist ein Glanzpunkt der Fernseh-Reportage. Vieles daran erinnert an Alexander Kluges Filme, zum Beispiel Engstfelds sarkastische Art, ganz banale Szenen zu kommentieren. Wir sehen den Chef an seinem Schreibtisch. "Schöpfer haben es schwer", sagt Engstfeld, "müssen jeden Monat eine neue Welt entstehen lassen- die Playboy-Welt"
Auch Engstfelds Bilder beherrschen Kluges Sprache. In der letzten Szene des Films zeigt Engstfeld eine Putzfrau i Atelier des Playboy-Photographen. Wo vorher noch nackte Damen auf schwarzen Flügeln posierten, geht sie ungerührt ihrer Arbeit nach. Zuvor spielte Engstfelds Kamera in diesem Studio höhnisch den Voyeur, als suchte sie gerade hier, wo alles gelüftet war, nach einem Geheimnis. Jetzt weicht sie fast respektvoll zurück. Engstfelds Star im Playboy-Imperium ist die Putzfrau.
Helmut Schödel




Taz 20.1.87

Lascher CDU-Sex
(Playboy Germany, 18.1., ARD, 23:00h)
Die Frage ist nicht, warum junge Mädchen nackt für Männermagazine wie "Playboy" posieren. Auch nicht, wieso jeden Monat angeblich 450.000 Hefte ihren Käufer finden. Erst recht nicht, ob "Playboys" Fleischseiten nicht allerübelste Ausbeutung der weiblichen Hälfte der Menschheit darstellen.
Die Frage ist vielmehr, warum "Playboy" mitsamt den anderen Glanztittenblättern so sterbenslangweilig ist. Axel Engstfelds Kameraschwenk auf den Redaktionsleiter Fred Baumgärtel und den Anzeigenchef Wolfgang Robert beantwortet dies rasch und zuversichtlich. Einträchtig sitzen sie beisammen, schon morgens gegen elf bei einem Fläschchen Weißwein und blinzeln sich die Frage zu: Weshalb haben wir eigentlich nichts Ordentliches gelernt?

Mitte bis Ende fünfzig sind die Herren alt und machen sich anheischig, jeden Monat ein Journal für Zwanzig- bis Neununddreißigjährige zusammenzustellen. Ein Alter, daß die beiden freundlichen Wichsbrüder in Adenauers fünfziger und sechziger Jahren erlebt haben – in einer Zeit also, als auf den Dörfern die Frauen kaum auf der Strasse rauchen durften. (Was sich bis heute nicht geändert hat, d. s-in)

Ein Muff, den Baumgärtels "Playboy"-Konzept seit 15 Jahren in sich trägt: Der "Playboy" soll vier Wochen lang dein Kumpel sein mit Witzen gegen Traurigkeit, mit Geschichten gegen die Langeweile. Mit Mädchenfotos gegen Einsamkeit." Ein Lifestyle, der bereits Hemmingway zum Freitod durch Erschießen anregte.
Vorbei das alles, wir sind längste auf dem Rückzug. Keine orthodoxe Sex-Revolte mehr, freie Liebe ist zuviel Streß. Statt Sex sublimieren wir nunmehr Erotik. Scheuen nach innen und pflegen höchstenfalls ein geistiges anything goes. Kein Wunder daß "Playboy" zu unaufgeregtem, aseptischen CDU-Sex verkümmert. Denn das große, geile neurotische Abenteuer inszeniert sich nur noch in unseren Köpfen – in der Hoffnung, bloß keine Übersicht zu gewinnen. Wie aber sollte sie Fred Baumgärtel erlangen?
Holger Fuß

zurück zur Katalogübersicht